Mit dem Projekt „Ankerzeit“ bietet das Team des Diakonischen SuchtHilfeZentrums Flensburg online fachkundige Beratung an – völlig anonym und komplett datensicher.
Seit Juni 2021 ist das Online-Angebot verfügbar. Passend zum maritimen Flensburg bekam es den Namen „Ankerzeit“. So können Betroffene und Angehörige beim Team des Diakonischen SuchtHilfeZentrums im Lutherhaus andocken und Halt finden. Im Online-Portal, das man über die Internetseite der Einrichtung oder direkt unter www.ankerzeit-fl.de findet, gibt es Informationen rund um das Thema Sucht und verschiedene Selbsttests. Außerdem können über eine Suchfunktion Hilfestellen gefunden werden.
Wer sich soweit orientiert hat, kann – bei Bedarf – die Online-Beratung in Anspruch nehmen: Zur Anmeldung sind lediglich ein Benutzername und ein Passwort notwendig. Mehr muss niemand von sich preisgeben.
2019 hat Dipl. Sozialarbeiterin Ursula Fricke die Idee für das Online-Angebot von einer Fortbildung mitgebracht – und freut sich sehr, dass Nicolai Altmark so positiv darauf reagiert hat. „Das ist ein echter Innovationsschub“, so der Einrichtungsleiter des SuchtHilfeZentrums. Und für Ursula Fricke ein Herzensprojekt. Finanziert wird es durch die Stiftung der deutschen Fernsehlotterie. Bis Ende 2023 läuft die Förderung, danach soll es aber auch ohne weitergehen.
Das Angebot wird besser angenommen als gedacht: 2022 haben sich 19 Menschen über „Ankerzeit“ an das SuchtHilfeZentrum gewendet. Und das ist im Vergleich zu langjährigen Angeboten anderer Träger ein wirklich guter Wert.
Die Anfragen sind ganz unterschiedlich: Es gibt Menschen, die über sieben, acht Monate hinweg per E-Mail beraten werden. Andere nutzen das Tool zur Kontaktaufnahme und vereinbaren dann einen Termin vor Ort im Lutherhaus. Oder Angehörige informieren sich und rufen anschließend an. Und dann gibt es auch die, für die es ein erster Schritt ist, sich überhaupt über ihre Suchterkrankung klar zu werden, sich vor sich selbst zu offenbaren, indem sie ihre Geschichte in einer ersten E-Mail niederschreiben.
Das Besondere an dem Angebot ist natürlich, dass es online und damit immer verfügbar ist. Ursula Fricke und ihre Kollegin Rebekka Lehmann antworten innerhalb von 48 Stunden. Ein asynchroner Austausch, ja. Eine Kommunikation, die in Zeiten von Messengerdiensten und Chat-Bots normal geworden ist. Das Angebot passt in die Zeit. „Es ist einfach eine neue Ebene in der Beratung dazugekommen“, sagt Rebekka Lehmann. Außerdem gibt es inzwischen auch eine App, mit der man direkt per Chat beraten werden kann.
„Im Jahr 2022 hatten wir insgesamt etwa 1.000 Beratungsprozesse, so viel wie noch nie“, erzählt Nicolai Altmark. Ist der Grund dafür Corona? Die Kontaktsperren und dann die Angst, sich anzustecken, vor der Impfung, vor Langzeitfolgen? Durchaus möglich.
„Im Homeoffice riecht man keine Fahne“, resümiert Nicolai Altmark.
Pi mal Daumen sind ein Drittel der Suchterkrankten weiblich, zwei Drittel männlich, wenn es um Alkohol geht. Bei Cannabis sind es deutlich mehr Männer, bei Medikamentenabhängigkeit Frauen. Bei Heroin ist es fifty-fifty.
Vermehrt gibt es inzwischen Anfragen von Schulen; sie wünschen sich Präventionsveranstaltungen zur Mediennutzung. Denn: Nicht alle Suchterkrankungen sind „stoffgebunden“, wie es im Fachjargon heißt.
Seit 2022 ist das SuchtHilfeZentrum Flensburg auch Fachstelle für Glücksspiel- und Medienabhängigkeit. Aber, stellt Nicolai Altmark klar: Nicht alle Jugendlichen sind gleich handy- oder internetsüchtig. Das Kommunikationsverhalten ist schlicht anders. 2020, also in der Hochzeit der Pandemie, reagierten der Einrichtungsleiter und sein Team schnell und entwickelten „Actionbounds“, eine Art digitale Schnitzeljagd für Schulklassen, die sich um die Themen Alkohol, Cannabis, Sucht allgemein und HIV drehte.
„Dass wir uns in den letzten Jahren im Bereich Digitalisierung immer weiterentwickelt haben, freut mich sehr“, so Nicolai Altmark. „Unter den Beratungsstellen gehören wir hier oben schon zu den führenden Standorten. Wir sind wirklich ein kleiner Leuchtturm im hohen Norden.“