Herausforderung angenommen!
Krise als Chance, Ideen statt Resignation: Statt Mitarbeitende zu entlassen, haben die Glückstädter Werkstätten die Herausforderung angenommen – und damit jetzt einen „Flexi-Pool“.
24 verschiedene Standorte in Glückstadt, Itzehoe, Elmshorn und Horst, 650 Menschen mit Behinderungen, die in den 13 Arbeitsbereichen beschäftigt sind, 90, die im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich sind, 110 in den Tagesförderstätten, rund 500, die die Wohnangebote und ambulanten Dienste nutzen und last but not least 700 Mitarbeitende. Die Glückstädter Werkstätten sind die größte Einrichtung im Geschäftsbereich „Arbeiten und Wohnen mit Assistenz“ der NGD-Gruppe. Und haben doch nicht genug Personal. Der neue Springer-Pool soll nun helfen.
„2020 haben wir uns im Leitungsteam neu aufgestellt und die Idee eines Springer-Pools seitdem vor dem Hintergrund des Fach- beziehungsweise inzwischen schon Arbeitskräftemangels immer mal wieder bewegt. Richtig konkret geworden ist das Thema dann aber erst 2022“, erzählt Einrichtungsleiter Andreas Glatte. Denn in diesem Jahr musste aufgrund der wirtschaftlichen Situation der ambulante Pflegedienst „Wilma“ geschlossen werden.
Eine Entscheidung, die nicht leichtgefallen ist, erinnert sich Monika Martens, Leiterin der Ambulanten Dienste: „Zunächst haben wir natürlich geschaut, dass wir unsere Klientinnen und Klienten unterstützen, einen anderen Pflegedienst zu finden, damit die weitere Versorgung sichergestellt ist.“ Dann war aber eben auch wichtig, was aus den 18 Mitarbeitenden von „Wilma“ wird: So haben alle ein Angebot zu einer Weiterbeschäftigung in anderen Teilbereichen der Glückstädter Werkstätten erhalten. Und sind geblieben.
Die eine Hälfte hat sich für einen festen Arbeitsplatz entschieden – die andere bildet nun die Basis für den „Flexi“-Pool, wie der Springer-Pool genannt wird. „Das ist echte Pionierarbeit“, lacht Andreas Glatte. Denn die Glückstädter Werkstätten sind bislang die erste Einrichtung in der NGD-Gruppe, die hier Nägel mit Köpfen macht. Aber: ganz behutsam. Denn allen Beteiligten ist klar, dass hier Neuland betreten wird. „Von Anfang an haben wir gesagt: Das probieren wir aus, das passen wir an, wenn es irgendwo hakt. Da gucken wir, dass sich alle gut damit fühlen – das ist uns enorm wichtig“, so Andreas Glatte. „Denn wir wussten auch: Wenn wir das Projekt ernsthaft in Angriff nehmen, ist das nicht mal eben so im Vorbeigehen gemacht.“
„Wir trauen uns das zu!“
Das Pflege-Team war genau das: ein Team. Eines, das auseinandergerissen wurde. Und dann mussten alle für sich ihren neuen Platz innerhalb der großen Einrichtung Glückstädter Werkstätten wieder neu finden. Mit allen 18 Mitarbeitenden hat Monika Martens Gespräche geführt, um abzustimmen, ob sie einen festen Platz innerhalb der Wohnbereiche, Tagesförderstätte oder Werkstatt und damit feste Strukturen wollen – oder sich die Abwechslung gut vorstellen können. Alle sind Teilzeitkräfte und arbeiten seit mehreren Jahren bei den Glückstädter Werkstätten.
Sie wissen, was das eine und was das andere bedeutet. Am Ende haben vier Hilfs- und vier Fachkräfte gesagt: Wir trauen uns das zu, wir gründen den Flexi-Pool! „Uns ist klar, dass wir noch ganz am Anfang sind“, lächelt Monika Martens. „Und dass es natürlich auch einige kritische Stimmen gibt, ist keine Überraschung.“
Eine der Kolleginnen aus dem neuen Flexi-Pool koordiniert die Einsätze und übernimmt die Dienstplanung; besonders gefragt sind die Wohnbereiche in Glückstadt und Itzehoe. Hier waren die Glückstädter Werkstätten zuletzt gezwungen, auf externe Personaldienstleister zurückzugreifen, weil schlicht das passende Personal fehlte. „Jetzt hoffen wir natürlich, dass unser Flexi-Pool der Personaldienstleister im eigenen Betrieb wird“, so Andreas Glatte.
Wie flexibel muss ich sein? Muss ich 24/7 zur Verfügung stehen? Wer genau darf jemanden aus dem Pool anfordern? Wie verrechnen wir intern diese Dienstleistungen? Wer genehmigt Urlaubsanträge? Wie wird das Angebot überhaupt angenommen? „Im Vorfeld sind viele Fragen aufgekommen, aber wir haben versucht, die Wünsche und Bedarfe auf einen Nenner zu bringen. Und haben immer dabei im Hinterkopf, dass wir noch Erfahrungen sammeln und lernen“, sagt Andreas Glatte. „Das Flexi-Team soll kein Feuerlöscher und keine Rufbereitschaft, sondern fest und verlässlich eingeplant sein. Wir tasten uns jetzt heran – und hoffen, dass sich das Projekt entwickeln und vielleicht auch erweitern wird. Ideen dafür gibt es jedenfalls schon viele!“